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Soziales Trinkspiel 2.0 bei Facebook – Neknominate

Aktuell kursiert ein wahnwitziges Trinkspiel im sozialen Netzwerk Facebook: Neknominate, dass wohl größte Trinkspiel das es je gab. Mit Videos fordern sich Freunde gegenseitig zum exen eines Biers auf. Die Regeln sind einfach, der soziale Druck hoch und Brauereien feiern Freudenfeste. Innerhalb von nur 374 Stunden könnte das Spiel die ganze deutschsprachige Facebook Gemeinschaft erreicht haben.

Neknominate

Neknominate Nek your drink, nominate another; Exe dein Getränk und nominiere andere) ist ein Trinkspiel, dass laut Google Trends seinen Ursprung in Australien oder England fand. Die Regeln sind denkbar einfach: Jemand filmt sich dabei wie er ein alkoholisches Getränk, in der Regel ein Bier, auf ex trinkt und lädt dieses Video bei Facebook hoch. Anschließend nominiert er drei weitere Personen, die es im innerhalb von 24 Stunden gleich tun sollen. Die Sanktion, wenn man es nicht macht? Praktisch keine! Was auf den ersten Blick sehr merkwürdig klingen mag, hat sich in den letzten Tagen zu einem Hype bei Facebook entwickelt und tausende von Nutzern machen mit.

Der Trend

Viele Leser konnten die ersten Videos in Deutschland um den 30. Januar 2014 in Ihrem Facebook Newsfeed entdecken. Diese Angabe deckt sich auch etwa mit dem Datum, wo die deutsche Facebook Fanseite zum Spiel, Biernominierung, erstellt wurde. Seither nimmt das Schneeballsystem seinen Lauf und stündlich werden die Videos im Newsfeed mehr und mehr. Rein rechnerisch ganz plausibel, da sich die Anzahl der Nominierten spätestens im 24 Stunden Takt potenziert. 

Soziales Trinkspiel 2.0 bei Facebook - Neknominate

Der Trend ist klar zu berechnen: Innerhalb von 374 Stunden (15,58 Tage) nach Beginn des Spiels hat jeder der insgesamt 27 Millionen deutschen Facebook Nutzer (Stand: Januar 2014) eine Nominierung erhalten. Nimmt man an, das Spiel hat am 30. Januar begonnen, wird am 14. Februar spät abends jeder nominiert sein.

Bierabsatz des Oktoberfests 2013 in 348 Stunden erreicht

Um den Bierabsatz des Oktoberfests 2013 (6,7 Millionen Maß Bier) beim modernen Trinkspiel zu erreichen, benötigt es gerade mal 348 Stunden (14,49 Tage), wenn man davon ausgeht, dass jeder Nominierte sich mit einer 0,5 Liter Flasche begnügt.

Bierabsatz deutscher Brauereien 2013 in 516 Stunden erreicht

Im Jahre 2013 wurden laut Pressemitteilung des Deutscher Brauerei-Bund e.V. rund 94,6 Millionen Hektoliter Bier abgesetzt. Dieser Wert, also der Jahresverbrauch an Bier, würde bei Fortsetzung des aktuellen Trends innerhalb von 516 Stunden (21,54 Tage) erreicht werden.

Bei dieser Berechnung sollte allerdings nicht verschwiegen werden, dass in den letzten 24 Stunden dieses Experiments jeder Facebook-Nutzer umgerechnet 468 Bierflaschen oder alternativ 234 Liter Bier, hätte trinken müssen. Schnell wird also klar, dass diese Beispielrechnung aufgrund der Potenzen schnell unrealistische Dimensionen annimmt. Einige mag das vielleicht an das „Gleichnis für die Vielfalt des Schachspiels“ erinnern.

Die Gefahren

Trend? Ja. Gefahrlos? Nein. Viele setzen sich dem sozialen Druck dieses Hypes widerstandslos aus, ohne auch nur annähernd an die Folgen des eigenen Handels zu denken. Dass Alkoholkonsum grundsätzlich Risiken birgt, braucht hier nicht weitere thematisiert werden. Vielmehr sollen zwei anderen Gefahren erläutert werden, deren Eintrittswahrscheinlichkeiten viel höher sind und deren Auswirkungen ebenfalls schwere Folgen haben können:

  • Privatsphäre: Viele Nutzer machen von den umfangreichen Privatsphären-Einstellungen von Facebook keinen Gebrauch. Die Konsequenz: Jede Person – auch ohne Facebook Account – kann das gepostete Video einsehen. Was würden Sie davon halten, wenn Ihr Arbeitgeber Sie am nächsten Tag auf Ihre Trinkexzesse auf Facebook anspricht? Nicht viel? Dann lesen Sie in diesem Artikel, wie Sie Ihre Privatsphäre zumindest vor Ihrem Chef schützen.
  • Datenschutz: Das Internet vergisst nie. Diese mehr oder weniger alte Weisheit ist leider immer noch top aktuell. Auch wenn Sie Videos auf Ihrer Timeline später wieder entfernen, so werden diese Daten nicht endgültig gelöscht, sondern einfach nicht mehr angezeigt (Stichwort: Löschkennzeichen). Vielleicht wurden die Daten aber auch bereits von anderen Diensten, wie zum Beispiel Google, zwischengespeichert? Auch bieten neueste Techniken der Gesichtserkennung umfangreiche Möglichkeiten, um Personen in Videos oder auf Bildern eindeutig zu identifizieren. Ein Trend – der im Gegensatz zum sozialen Trinkspiel – allerdings von nachhaltiger Natur ist. Denn viele Unternehmen haben ein großes Interesse daran, möglichst viel von ihren Bewerbern und Mitarbeitern zu erfahren.

Der Nutzen

Bei den aufgezeigten Gefahren stellt sich noch die Frage, ob dieser seltsame Trend auch tatsächlich einen Nutzen hat? Ja! Dieses Trinkspiel ist eines der beeindruckendsten und gleichzeitig größten sozialen Experimente der vergangenen Jahrzehnte. Anhand der gespeicherten Daten kann in Zukunft empirisch bewiesen werden, wie groß der soziale Druck in Netzwerken wie Facebook werden und sein kann. Wie sonst wäre dieses Verhalten von Tausenden Menschen zu erklären?

Alternative Spielformen

Bei solchen Kurzzeit-Trends ist es eigentlich immer sehr schade, dass dahinter kein wirklicher Nutzen steckt. Unser Vorschlag ist deshalb, dass sich die Facebook Nutzer vielleicht mal an folgenden Ideen inspirieren lassen:

  • Gopar (Go to polls and record you): Gehe zum wählen und filme dich dabei
  • Dosonomo (Do a social act and nominate others): Mache etwas soziales und nominiere andere
  • Donaboth (Donate a buck and animate others): Spende einen Euro und animiere andere

Haben auch Sie eine Idee für ein sinnvolles, soziales Spiel auf Facebook? Schreiben Sie uns doch einfach eine Nachricht auf Twitter oder hinterlassen einen Kommentar am Ende des Beitrags. 

Fazit

Neknominate ist ein fragwürdiger Trend der deutlich zeigt, wie hoch der soziale Druck in Netzwerken des Web 2.0 werden kann. Soziale Trinkspiele sind zwar schon seit dem antiken Griechenland bekannt, in solch einer Dimension hat sie aber zuvor noch nie jemand gesehen. Dem Spielzweck nach zu urteilen könnten manche Verschwörungstheoretiker vielleicht sogar mutmaßen, dass hinter dem ganzen ein Kartell von deutschen Brauereien steckt. Schlecht kommt ihnen dieser Trend ja nicht gerade, mussten die Brauereien doch im vergangenen Jahr erneut mit rückläufigen Absatzzahlen kämpfen.

(Artikelbild: © Ivan Kopylov – Fotolia.com, Bild im Text: © jojje11 – Fotolia.com)

Veröffentlicht von Josef Seidl

Josef Seidl ist Unternehmer und hat an der TU München und der Stanford University Wirtschaftsinformatik studiert. Er ist begeistert von Technik, schätzt performante Webseiten und ist gerne in den Bergen unterwegs. Zu finden ist er auch bei LinkedIn.

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